Kann ein neues Mittel die unerwünschte Narbenbildung verhindern?
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Gehören Narben bald der Vergangenheit an? Ein Medikament, das nur ein paar Cent kostet, könnte die hässliche Narbenbildung verhindern
Das Medikament mit dem Namen Verapamil ist schon seit langer Zeit auf dem Markt und wird zur Behandlung von einer Vielzahl von Herz-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Schmerzen in der Brust eingesetzt. Zusätzlich wird es noch zur Erweiterung der Blutgefäße verwendet. Eine Packung mit 84 Tabletten kostet nur € 1,45.
Neues Mittel gegen Narben
Wissenschaftler in Australien erforschen jetzt, ob das Medikament auch die Bildung von hässlichen Narben verhindern kann. Keloidnarben sind ein großes Problem, sie bleiben lange entzündet und bilden zu viel Gewebe. Das Narbengewebe kann in diesem Fall sogar größer werden als die Narbe selber. Hat der Mensch sich geschnitten oder auf eine andere Art eine Wunde bekommen, dann schickt der Körper ein so genanntes "clear-up-Team" los, um Moleküle freizusetzen und den Schaden zu reparieren. Sie reinigen die Wunde, reparieren und versiegeln die Haut und fördern das Wachstum neuer Haut. Der Zustrom der heilenden Zellen sorgt aber auch dafür, dass die Haut entzündet und geschwollen ist. Das liegt daran, dass der Aufbauprozess extrem schnell durchgeführt wird und die neuen Hautzellen nach einem zufälligen Muster in der Narbe entstehen. Keloidnarben können schon nach einer sehr geringen Verletzung der Haut, sogar schon nach einem leichten Kratzer, entstehen. Manche Menschen bekommen sie nach dem Erhalt einer Spritze.
Die roten oder braunen Narben sind oft außerhalb der ursprünglichen Fläche der Hautschädigung vorhanden und sind in der Regel erhöht und haben eine kuppelförmige Form. Bis zu 15 Prozent aller Wunden entwickeln Keloidnarben. Sie können schmerzhaft und juckend sein, das größte Problem für die meisten Menschen ist allerdings ihr Aussehen.
Aktuelle Behandlungen beinhalten die Reduzierung der Entzündungen mit Steroid-Injektionen und das Vereisen der Narben in einem frühen Stadium mit flüssigem Stickstoff, um sie am Wachsen zu hindern. Jedoch ist keine dieser Behandlungen sehr effektiv und auch nach einer Operation wächst die Narbe oft sogar mehr als zuvor.
Im Jahr 2010 entdeckten Wissenschaftler in Taiwan, dass Verapamil die Produktion eines Proteins namens Decorin stimulieren kann. Decorin spielt eine wichtige Rolle für das Wachstum von Kollagen, für das Bindegewebe und ist auch für die Elastizität der Haut verantwortlich. Kollagen ist Teil des "clear-up Teams", welches gesundes Gewebe erzeugt und helfen kann, die Hautzellen in einer geordneten Konfiguration zu produzieren. Eine Theorie besagt, dass ein Mangel an Kollagen zur Entwicklung einer Wulstnarbe beitragen kann.
Die Experten der University of Western Australia untersuchen und behandeln 30 Verbrennungsopfer, die nach ihren Verletzungen Keloidnarben entwickelt haben. Die Studie wird voraussichtlich ein Jahr dauern und beinhaltet, dass die Narben der Patienten chirurgisch entfernt werden. In regelmäßigen Abständen werden sie Verapamil-Injektionen in die Narben erhalten, um zu sehen, wie effektiv das erneute Wachstum von Narbengewebe ist.
Das Team teilte mit, dass Verapamil ein etabliertes Medikament auf der ganzen Welt ist und keine ernsthaften Nebenwirkungen hat. Unklar ist, ob der Wirkstoff auch in Tablettenform verabreicht werden könnte.
Eine Sprecherin der British Association of Dermatologen begrüßt diese Forschung, da Keloidnarben erhebliche psychische Leiden verursachen, zumal sie oft auf gut sichtbaren Bereichen der Haut erscheinen, wie zum Beispiel der Brust, Schultern und Ohrläppchen. Es ist aber nicht bekannt, warum diese Bereiche anfälliger sind.