Ist allein die hellere Hautfarbe beziehungsweise der geringere Melanin-Anteil für die Anpassung an sonnenärmere Erdteile verantwortlich? Bisherige Theorien über die Evolution der Hautfarben müssen korrigiert werden.
Bisher ging man davon aus, dass Nordeuropäer hellhäutiger sind, weil sie weniger intensiver Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind als Menschen, die näher am Äquator leben. Dies schien bis vor kurzem vollkommen plausibel. Je dunkler die Haut, desto besser ist sie vor Sonnenbrand und anderen Risiken des UV-Lichts geschützt, so nahm man an. Umgekehrt benötigt gut geschützte Haut mehr Sonne, um noch ausreichend Vitamin D produzieren zu können. Die Genetik der Menschen hätte sich entsprechend angepasst und die Produktion der jeweils benötigten Menge Melanin sichergestellt.
Nun besteht zwar durchaus ein Zusammenhang zwischen dem bewohnten Erdteil und der Hautfarbe. Denn im Laufe der Evolution sank unter anderem tatsächlich auch der Anteil an Melanin-Pigmenten bei Menschen der nördlichen Hemisphäre. Ihre Haut wurde heller, denn der natürliche Sonnenschutz stellte keinen Evolutionsvorteil mehr dar, die Produktion unnötiger Eiweiße wie Melanin hätte nur zusätzlich Energie gekostet.
Entscheidender als Melanin ist für die Hautstruktur und den Eigenschutz vor der Sonne jedoch das Säugetier-Protein Filaggrin. Es wird während des normalen Verhornungsprozesses der Haut aufgebaut und übt in der Epidermis eine wichtige strukturbildende Funktion aus. Ist das für die Filaggrin-Bildung verantwortliche Gen, bekannt als Genlokus 1q21, geschädigt, können bestimmte Hautkrankheiten entstehen und die Neigung zu Allergien nimmt zu. 2006 wurden bei etwa 8 Prozent von 3000 untersuchten deutschen Schulkindern solche Gen-Mutationen festgestellt.
Ist das entsprechende Gen funktionslos, wird wenig oder gar kein Filaggrin-Protein mehr gebildet. Damit wird auch keine trans-Urocansäure mehr erzeugt, die der Haut wiederum hilft, UV-Strahlen unbeschadet zu absorbieren. In diesem Fall wird allerdings auch bei geringer Sonneneinstrahlung mehr Vitamin D gebildet, in nördlichen Ländern ein Evolutions-Vorteil.
Der Nachteil der Filaggrin-Mutation: Die Haut dieser Menschen ist wesentlich anfälliger, trocknet rascher aus, neigt zu Ekzemen, zu Psoriasis, zur eindeutig erblich bedingten Ichtyosis vulgaris oder zu atopischer Dermatitis. Man vermutet auch, dass einige Allergien, die nicht oder nicht nur die Haut betreffen, von diesem Mangel mit ausgelöst werden könnten.
aktualisiert am 17.07.2014