Fingerabdrücke galten lange als eine praktische und unfehlbare Methode, die Identität eines Menschen festzustellen. Nun wird dies von neuesten Forschungsergebnissen widerlegt: Erwachsene mit extrem trockener und entzündeter Haut an den Händen können durch digitalisierte Fingerabdrücke nicht korrekt identifiziert werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist um viermal höher als bei Personen mit gesunder Haut.
Die biometrischen Erkennungsmethoden werden im Alltag immer wichtiger, so die Leiterin der Studie, Dr. Lee Chew Kek - Hautärztin an der UCSI Universität in Kuala Lumpur in Malaysia. Patienten mit Dermatitis und anderen Störungen der Haut müssen hier bezüglich ihrer Jobs, ihrer Finanzen und ihrer Sicherheit mit Beeinträchtigungen rechnen: Banken, Türschleusen von Wohngebäuden, Identitätsdokumente – überall werden bislang eindeutig erkennbare Fingerabdrücke benötigt.
Analysten haben ermittelt, dass der Markt für biometrische Erkennungsmethoden in den nächsten vier Jahren etwa 16 Milliarden US-Dollar wert sein könnte: Denn eines ist sicher, neue und bessere Methoden müssen entwickelt werden. Fingerabdrücke genügen nicht, so beweist die Studie.
Rissige oder geschwollene Haut aufgrund einer Entzündung zerstört das einzigartige Rillenmuster, das sich normalerweise per Daumenabdruck ergibt.
Eine ältere Studie aus Dänemark ergab, dass etwa 15 Prozent aller Menschen an einer Hautentzündung an der Hand leiden. In der Regel ist der Auslöser eine Allergie.
Dr. Lee nahm sich nun erstmals gezielt ihrer Patienten an, die keine biometrischen Daten auf dem Computer-Chip ihres malaysischen Personalausweises, ihrer Identitätskarte, genannt MyKad, aufnehmen lassen können, weil ihre Fingerabdrücke „unleserlich“ sind.
Nach Dr. Lees Kenntnisstand gab es bislang noch keine Untersuchungen darüber, wie viele Dermatitis-Patienten keine eindeutigen Fingerabdrücke liefern können.
Das Forschungsteam wählte 100 Patienten mit Dermatitis aus, die den Daumenabdruck beeinträchtigt, und weitere 100 Patienten mit gesunder Haut als Vergleichsgruppe. Alle diese Probanden verfügten über Identitätskarten, die den europäischen Personalausweisen entsprechen. Jeder von ihnen bekam drei Versuche mit jedem Daumen. Der Scanner sollte nun eine exakte Übereinstimmung mit den Abdrücken auf den Identitätskarten feststellen. Bei 27 von 100 Dermatitis-Patienten versagte die Fingerabdruck-Erkennung, dagegen nur bei zwei Probanden aus der Vergleichsgruppe.
84 der Versuchsteilnehmer aus der Dermatitis-Gruppe hatten Areale auf ihren Daumenkuppen, auf denen die typischen Rillen vollständig fehlten oder die Haut durch die Irritationen und die Rauheit „marmoriert“ wirkte. Je größer solche Areale einer Hautfehlbildung waren, desto wahrscheinlicher fiel der Proband durch den Identifikationstest.
Abnormale weiße Linien in den Scanner-Abdrücken bildeten Falten oder Schnitte ab, die allerdings in beiden Probandengruppen vorkamen. Doch die Dermatitis-Patienten hatten definitiv viel mehr davon. Die Forscher gingen davon aus, dass diese Einschnitte das gesamte Rillenbild eines normalen Daumenabdruckes ruinieren können.
Ungeachtet der wenig repräsentativen Anzahl von Testpersonen wurde die Studie aufgrund der Relevanz des Themas veröffentlicht. Beispielsweise bei den über 70 Millionen Fingerabdrücken im Identifikationssystem des FBI ist die Bedeutung dieser Entdeckung gravierend. Kritisch ist auch, dass Institutionen wie das FBI bislang über keine Erhebungen darüber verfügen, wie häufig und aus welchem Grund fehlerhafte Fingerabdrücke zustande kommen.
aktualisiert am 22.05.2013