Das Immunsystem rechtzeitig richtig konditionieren
Noch immer rätseln Fachärzte und Wissenschaftler, ob sich Neurodermitis durch bestimmte Nahrungsmittel beziehungsweise den Verzicht darauf eindämmen lässt oder nicht. Ist es möglich, das Immunsystem rechtzeitig zu konditionieren oder hilft gegen Allergien nur die allgemein empfohlene Vermeidungsstrategie?
Vielfältige Kost beugt Neurodermitis vor
Eine Reihe von Hinweisen und Testreihen zeitigten interessante Ergebnisse:
Ein Ernährungstagebuch kann Allergien auf manche Nahrung, wie Nüsse, Hühnerei, Milch, Soja oder Weizenmehl, Margarine, enthüllen.
Neurodermitis-Auslöser sind häufig auch Konservierungs- oder Aromastoffe, dazu Rückstände von Medikamenten in der Tierhaltung oder Chemikalien in der Nutzpflanzenproduktion.
Erwachsene Neurodermitis-Patienten können sich durch bewusste Ernährung und eine bestimmte Diät recht gut Erleichterung verschaffen.
Vor allem selbst betroffene Eltern fragen sich ängstlich: Wie kann ich bereits die Entstehung einer Neurodermitis beim Nachwuchs verhindern?
Eine Schweizer Langzeitstudie der Universität Zürich untersuchte insgesamt 1000 Kinder aus verschiedenen ländlichen Gebieten Europas. Gut die Hälfte davon stammte von Bauernhöfen, die übrigen hatten mit Haus- und Nutztieren und Landwirtschaft keinen direkten Kontakt. Bei dieser Studie sollten unter anderem die Häufigkeit und die Ursachen von Allergien ergründet werden. Die Ergebnisse sind überraschend, auf den zweiten Blick aber einleuchtend.
So beweist diese Studie, dass Vermeidungsstrategien, ausgeklügelte, teils abstruse Diätprogramme und das Hinauszögern von Beikost bei der Vorbeugung gegen Neurodermitis mehr schaden als sie nützen.
Kinder dagegen, die schon früh mit ganz unterschiedlicher, vielfältiger Nahrung gefüttert werden oder selber zugreifen dürfen, verringern ihr Neurodermitis-Risiko erheblich. Mit jedem Nahrungsmittel, das im ersten Lebensjahr auf den Speisezettel des Babys kommt, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Allergie darauf sogar um 25%: Das Immunsystem stellt sich in dieser Lebensphase offenbar auf neue Herausforderungen ein, statt später eine Überreaktion zu entwickeln.
Ein typisches Landkind hält sich in Ställen auf, kommt mit Haus- und Hofgetier aller Art in Kontakt, trinkt Rohmilch und verzehrt Obst und Gemüse direkt aus dem Garten. Dabei geht es nicht keim- und schmutzfrei zu. Doch offenbar schützen bestimmte harmlose Bakterien, mit denen diese Kinder in Kontakt kommen, nachhaltig vor einer Über-Reaktion des Immunsystems und damit vor der Ausbildung von Allergien, Asthma und Neurodermitis.
Hat eine Mutter zudem schon während der Schwangerschaft Kontakt zu Nutzvieh und diversen anderen Tieren, verringert sich das Neurodermitis-Risiko für das Kind nochmals rapide.
Das menschliche Immunsystem sorgt seit Jahrtausenden dafür, dass Menschen den ständigen Kontakt mit Parasiten, Bakterien und Schmutz überleben. In der modernen Welt geht es hygienischer und keimfreier zu als auf den Bauernhöfen vom Neolithikum bis ins 20. Jahrhundert. Das hat sein Gutes: Viele schlimme Infektionskrankheiten wurden erfolgreich eingedämmt. Doch im Gegenzug reagiert das "unterbeschäftigte" menschliche Immunsystem nun auf völlig harmlose Auslöser: Die Folge sind alle Arten von Autoimmun-Reaktionen in Form von Allergien und Neurodermitis.
Vermeiden Eltern bei ihrem Säugling ängstlich den Kontakt mit möglicherweise allergener Nahrung, züchten sie unter Umständen ein hypersensibles Immunsystem und damit eine Neurodermitis geradezu heran. Wenn schon Babies dagegen mit einem reichhaltigen Speiseplan ihr Immunsystem verschiedensten Herausforderungen aussetzen, bleiben auch die beschriebenen Überreaktionen aus.