Eine Kinderwunsch-Sprechstunde richtet sich an Paare, die ungewollt kinderlos bleiben. Die Aufgabe des Arztes ist es dabei, zu ergründen, weshalb das Paar keine Kinder bekommt, und die Betroffenen über Lösungsmöglichkeiten zu informieren.
Zur Kinderwunsch-Sprechstunde können Paare gehen, die eigene Kinder haben möchten, aber bei denen es bisher nicht geklappt hat. Meist suchen solche Paare nach einem gewissen Zeitraum, in dem sich trotz häufigem ungeschützten Geschlechtsverkehrs keine Schwangerschaft eingestellt hat, einen Arzt beziehungsweise die Kinderwunsch-Sprechstunde auf.
Sie kommen mit dem Wunsch, wie andere Paare auch ein gesundes Kind zeugen und großziehen zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen in der Kinderwunsch-Sprechstunde zunächst die Ursachen geklärt werden, um dann eine geeignete Therapie durchführen zu können. Zudem können die Paare durch die Kinderwunsch-Sprechstunde seelischen Beistand bekommen, z. B. durch eine angegliederte psychologische Beratungsstelle. Oft wendet sich jeweils die Frau zuerst an die Kinderwunsch-Sprechstunde, der Mann muss in die Untersuchungen jedoch in jedem Fall mit einbezogen werden.
Ein unerfüllter Kinderwunsch ist ein Problem, das in der Bevölkerung weit verbreitet ist. Es wird angenommen, dass zwischen 15 und 20 Prozent der Paare in Deutschland Kinder haben möchten, sie aber nicht bekommen (können). Auf der ganzen Welt dürften etwa 80 Millionen Paare betroffen sein.
Die Ursache für das Ausbleiben einer Schwangerschaft liegt in ungefähr 40 bis 50 Prozent der Fälle bei der Frau und zu ungefähr 35 bis 40 Prozent beim Mann. Beim Rest der Fälle, etwa 10 bis 20 Prozent, lässt sich keine Ursache finden. Bei 15 Prozent besteht eine Störung bei beiden Partnern.
Bei der Frau sind häufig Störungen des Menstruationszyklus dafür verantwortlich, dass sie nicht schwanger wird. Diese sind oftmals durch unterschiedliche Hormonstörungen bedingt, weitere Faktoren können Rauchen, Alkohol und Drogenkonsum sowie ein sehr geringes oder hohes Körpergewicht sein. Eine Unfruchtbarkeit kann aber auch durch Veränderungen an den Organen (Eileiter, Gebärmutter, Scheide) entstehen. Die Eileiter können nach einer Entzündung oder durch versprengtes Gebärmutter-Gewebe (Endometriose) verlegt sein. In der Gebärmutter können sich Myome (häufige gutartige Tumore) und eine ungünstige Zusammensetzung des Schleims störend auswirken. Eine Rolle spielen psychosomatische Faktoren wie Stress, die sich unter anderem als Scheidenkrampf (Vaginismus) auswirken können.
Beim Mann ist eine Kinderlosigkeit oftmals durch eine geringere Qualität oder Menge des Spermas bedingt. Die Ursachen dafür können unter anderem eine gestörte Hormonregulierung, Entzündungen, überwärmter Hoden (z. B. bei Hoden-Krampfadern), ein (unkorrigierter oder behandelter) Hodenhochstand, Rauchen, Alkohol und Drogen sein. Ebenso können die Samenwege verlegt sein und die Spermien daher nicht nach außen gelangen. Ein verbreitetes Problem bei Männern ist eine verminderte Erektionsfähigkeit, welche häufig durch psychosomatische Bedingungen verursacht wird.
Eine Unfruchtbarkeit (Sterilität) ist anzunehmen, wenn ein Paar nach zwei Jahren mit regelmäßigem Geschlechtsverkehr ohne Verhütungsmittel kein Kind gezeugt hat.
Wenn möglich, sollten beide Partner zur Kinderwunsch-Sprechstunde kommen. Sie werden dort zunächst eingehend befragt (Anamnese). Allein dieses Gespräch kann aufschlussreich bei der Ursachensuche der Kinderlosigkeit sein. Es ist beispielsweise wichtig zu wissen, seit wann das Paar versucht, Kinder zu bekommen und wie sehr jeder der beiden Partner unter dem noch nicht erfüllten Kinderwunsch leidet. In einem vertrauensvollen Umfeld wird über mögliche Probleme bei der Sexualität gesprochen. Die Frau sollte über eventuelle Abweichungen von ihrem Zyklus Auskunft geben. Psychische Aspekte können in der Kinderwunsch-Sprechstunde ebenfalls von Interesse sein. Dann wird besprochen, welche Behandlungen von dem Paar bereits ausprobiert wurden beziehungsweise überhaupt erwünscht sind.
Verschiedene Untersuchungen können bereits im Rahmen der Vorstellung in der Kinderwunsch-Sprechstunde durchgeführt werden. Einige speziellere oder aufwändige Untersuchungen müssen jedoch gegebenenfalls an einem gesonderten Termin vorgenommen werden.
Bei der Frau wird meist zunächst eine Blutentnahme vorgenommen, um vor allem die Hormone zu bestimmen. Bei einem so genannten Sims-Huhner-Test werden Aussagen über die Fruchtbarkeit über die Untersuchung der Spinnbarkeit des Schleims am Gebärmutterhals getroffen sowie 2 bis 12 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr im Mikroskop Spermien in dem Sekret gesucht. Weiterhin sinnvoll können Temperaturmessungen sein. Mittels einer Ultraschalluntersuchung kann kontrolliert werden, ob ein Eisprung stattgefunden hat sowie ob die Eileiter durchgängig sind. In manchen Fällen kann eine Gebärmutterspiegelung oder sogar eine Bauchspiegelung zur Diagnostik notwendig sein.
Beim Mann ist neben der Untersuchung auf Erektionsstörungen vor allem eine Spermauntersuchung (Spermiogramm) unter dem Mikroskop wichtig. Die Konzentration der Spermien wird bestimmt, und es muss überprüft werden, ob nicht zu viele Spermien deformiert oder unbeweglich sind. Des Weiteren werden der pH-Wert des Spermas und der Gehalt an bestimmten Substanzen (z. B. Fructose) bestimmt.
Anhand der Untersuchungsergebnisse erfolgt eine Beratung des Paares, ob eine Behandlung notwendig und sinnvoll erscheint und welche Behandlungsalternative am ehesten in Frage kommt.
Es gibt ganz unterschiedliche Behandlungsmethoden bei ungewollter Kinderlosigkeit, die in Abhängigkeit von den Ursachen angewendet werden können. Nicht selten ist es erfolgreich, die Chancen für eine Schwangerschaft durch Feststellung des idealen Zeitpunkts für Geschlechtsverkehr zu erhöhen. Bei der Frau sowie manchmal auch beim Mann kann eine Hormonbehandlung angezeigt sein. Auch alternativmedizinische Methoden wie Akupunktur können ausprobiert werden.
Um die Sterilität zu überwinden, können weitergehende Maßnahmen notwendig werden. Bei einer Insemination werden Spermien in die Gebärmutter eingespritzt, um damit eine Befruchtung zu bewirken. Bei einer künstlichen Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, IVF) werden im Labor Eizellen und Samenflüssigkeit vermischt, und ein entstandener Embryo in die Gebärmutter eingepflanzt.
Bei schlechter Spermienqualität kann eine ICSI (Intrazytoplasmatische Spermien-Injektion) vorgenommen werden, bei dem ein Spermium direkt in eine Eizelle eingespritzt wird, die dann eingesetzt wird. Schließlich kann es notwendig sein, Sperma direkt aus dem Hoden (TESE) oder Nebenhoden (MESA) zu entnehmen und dann eine künstliche Befruchtung durchzuführen. Manchmal sind auch andere Operationen notwendig, z. B. um verschlossene Eileiter zu öffnen.
Eine Alternative bei Unfruchtbarkeit kann des Weiteren eine Adoption eines Kindes darstellen. Eine Leihmutterschaft ist gegenwärtig in Deutschland verboten.
Letzte Aktualisierung am 12.03.2021.