Das offene Bein wird in der Fachsprache als so genannte Ulcus cruris venosum bezeichnet. Hierbei handelt es sich um schlecht heilende (chronische), tiefe Wunden an Unterschenkeln und Füßen. Umgangssprachlich spricht man auch von offenen Beinen.
Ursache ist eine venöse Abflussbehinderung des Blutes zum Herzen (chronisch-venöse Insuffizienz). Das offene Bein stellt die schwerste Form der venösen Abflussbehinderung dar.
In Deutschland sind mehr als eine Million Menschen (davon vier bis fünf Prozent der über Achtzigjährigen) an einem Ulcus cruris erkrankt, wobei die Tendenz steigend ist. Frauen und Männer sind in etwa gleich häufig betroffen.
In ungefähr 80 Prozent der Fälle sind Störungen im venösen Blutkreislauf verantwortlich für die Beingeschwüre, vor allem Krampfadern (Varizen). Das Blut wird von der Körperperipherie durch die Venen zurück in Richtung Herz transportiert. Aufgrund einer chronischen Venenschwäche entwickeln sich in der Folge venöse Geschwüre. Die Venen erweitern und verlängern sich und bilden Krampfadern. Durch die Erweiterung können die Klappen des Venensystems nicht mehr richtig schließen.
Das Blut fließt zurück und staut sich in den Venen. Es kommt zu einer Wasseransammlung im Gewebe (Ödem) und nach einer gewissen Zeit zu einer Verhärtung des Bindegewebes (Sklerose). Durch diese Veränderungen kommt es zu einer Minderversorgung des Gewebes mit Blut und Nährstoffen, vor allem im Bereich der Knöchelinnenseiten und an der Vorderseite des Unterschenkels. Dies kann später zu Beingeschwüren führen.
In seltenen Fällen können Störungen im arteriellen Blutkreislauf zu Geschwüren führen. Die Arterien transportieren das Blut vom Herzen zu den Geweben des Körpers und versorgen sie mit Sauerstoff und Nährstoffen. Im Falle einer starken Durchblutungsstörung können sich Beingeschwüre entwickeln.
Weitere mögliche Ursachen sind:
Venöse Geschwüre treten meist im Bereich der Knöchel, vor allem an der Innenseite des Beins auf. Oft zeigen sie sich als feuchte, nässende Wunden, die meist mit Bakterien infiziert sind und faulig riechen. In der Regel verursachen Beingeschwüre ein Spannungsgefühl, wobei keine Schmerzen vorhanden sind. Unter Umständen kann sich ein allergisches Kontaktekzem entwickeln, da viele Geschwüre häufig mit unterschiedlichsten Salben vorbehandelt werden, auf die der Körper allergisch reagiert.
Zudem kann sich die Haut, aufgrund einer Ablagerung von Blutfarbstoffen, bräunlich verfärben. Diese Verfärbung bildet sich nicht mehr zurück.
Arterielle Beingeschwüre entstehen meist an Füßen, Zehen und Fersen. Sie gehen mit kalten, blassen Füßen und Beinen einher. Hier treten jedoch Schmerzen auf, vor allem bei körperlicher Bewegung und Hochlagerung des Beines.
Jede unklare Hautwunde, die nicht innerhalb von wenigen Wochen abheilt, muss ärztlich abgeklärt werden. Je früher der Arztbesuch erfolgt, desto besser sind die Heilungschancen!
Die Diagnosestellung einer offenen Wunde bzw. eines Bein- oder Fußgeschwürs ist für den Arzt relativ unproblematisch. Durch eingehende Begutachtung (Inspektion) der betroffenen Hautstelle und Erfragen der Krankengeschichte kann die Ursache der Erkrankung bereits aufgedeckt werden.
Je nach klinischem Befund kommen folgende Methoden zur Diagnostik zum Einsatz:
Hierbei handelt es sich um eine spezielle Ultraschalluntersuchung, bei der sich die venösen und arteriellen Durchblutungsstörungen darstellen lassen.
Als Phlebografie bezeichnet man eine Röntgenuntersuchung der Venen mit Kontrastmittel, bei der eventuell vorhandene Blutgerinnsel (Thrombosen) sichtbar gemacht werden.
Dadurch können eine mögliche Zuckerkrankheit oder Gerinnungsstörung festgestellt werden.
In seltenen Fällen kann ein Beingeschwür auch durch ein Spinaliom (eine Form des Hautkrebses) verursacht werden.
Für eine erfolgreiche Therapie ist es wichtig, den Auslöser zu kennen.
Oberstes Ziel der Behandlung ist die Beseitigung aller Faktoren, die das Geschwür verursacht haben und die Heilung behindern. Grundsätzlich erfordert die Therapie des Ulcus cruris sowohl vom Patienten wie auch vom Arzt viel Geduld und Aufwand. Daher sollten Behandlungskonzepte nicht zu schnell gewechselt werden.
Ziele der Ulcustherapie sind:
Die Therapie eines venösen Geschwürs ist oft sehr schwierig und aufwendig. Hier kommen folgende Verfahren zum Einsatz:
Viele venöse Beingeschwüre heilen unter eine korrekt durchgeführten Kompressionstherapie (Verbände bzw. feste Bandagen) ab. Gleichzeitig sollten sich die Patienten viel bewegen, damit sich das Blut nicht im Unterschenkel staut.
Inzwischen werden vor allem auch Schaumstoffverbände angeboten. Diese Verbände saugen sehr gut Flüssigkeit auf, ohne dabei die Wunde zu sehr auszutrocknen. Sie kommen bei trockenen, verschorften Wunden nicht zum Einsatz.
Wichtig ist eine regelmäßig durchgeführte und fachgerechte Reinigung der chronischen Wunde. Dies kann man entweder mit bestimmten Salben durchführen, welche die fest haftenden Beläge auflösen, oder man trägt die Beläge mit einem scharfen Löffel ab (Kürretage).
Zur Reinigung müssen keine desinfizierenden Substanzen angewandt werden. Hier reichen einfache Kochsalzlösungen oder so genannte Ringer-Lösungen aus. Diese sind nicht allergen und der Reinigungseffekt ist ausreichend. Unter Umständen kann der Ulcusrand zum Hautschutz mit Zinkpaste abgedeckt werden.
Antiseptische Wirkstoffe machen die Wunde keimfrei. Bei stark nässenden Wunden sollten feuchte Umschläge mit Kochsalzlösung angewandt werden.
Heutzutage werden chronische Wunden feucht behandelt, da man festgestellt hat, dass das feuchte Milieu die Wundheilung besser fördert. Zudem wachsen weniger Keime und die Wunde ist vor äußeren Einflüssen geschützt.
Durch verschiedene operative Maßnahmen kann man Geschwüre reinigen, abtragen, den venösen Rückfluss verbessern und die Wundheilung beschleunigen.
Bei hartnäckig und nicht heilenden Geschwüren können Wachstumsfaktoren zum Einsatz kommen, welches die Wundheilung fördern. Zudem kann die Abheilung durch gepulste elektromagnetische Felder oder durch gepulsten Gleichstrom beschleunigt werden.
Antibiotika kommen bei massiver bakterieller Ansiedlung zum Einsatz.
Besteht zusätzlich ein allergisches Kontaktekzem, welche durch verschiedene Salben ausgelöst werden können, so werden diese durch eine lokale Kortison-Therapie behandelt.
Hierbei handelt es sich um eine etwas unappetitliche, aber sehr effektive Behandlung. Für zwei bis drei Tage werden hier 100 bis 200 Fliegenlarven auf das Geschwür gesetzt. Die Larven ernähren sich von abgestorbenem Gewebe, die sie vorher durch ihren Speichel angedaut haben. Lebendes Gewebe wird nicht angegriffen. Diese Methode ist vor allem hilfreich bei schlecht heilenden Wunden, die auf eine antibiotische Therapie nicht ansprechen.
Bei arteriellen Beingeschwüren werden in der Regel operative Maßnahmen durchgeführt. Hilfreich ist hier vor allem eine Bypass-Operation. Der verengte bzw. verschlossene Gefäßabschnitt wird durch ein Stück Arterie oder Vene überbrückt. Durch eine operative Hautverpflanzung kommt es bei einigen Geschwüren zu einer schnelleren Abheilung.
Offene/chronische Wunden führen häufig zu einer Wundrose (Erysipel). Die Wundrose geht mit einer plötzlichen großflächigen Rötung, Schmerzen, Fieber und einer Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes einher. Bei Verdacht auf eine Wundrose, muss noch am gleichen Tag ein Arzt aufgesucht werden.
Weitere mögliche Komplikationen sind:
Durch eine richtige Therapie heilen die Geschwüre meistens innerhalb weniger Monate ab. Bei älteren Patienten kann die Heilung jedoch auch mehrere Jahre dauern, da hier mehrere Risikofaktoren vorliegen.
Venöse Beingeschwüre heilen insgesamt besser als arterielle. In der Regel kommt es bei konsequenter Therapie des venös bedingten Ulcus bei bis zu 90 Prozent der Betroffenen, innerhalb von drei Monaten zur Abheilung. Leider kommt es in etwa 57 Prozent der Fälle nach einer Abheilung, erneut zu einem offenen Bein.
Durch frühzeitige Maßnahmen und entsprechendem Verhalten, kann man das Fortschreiten der Venenschwäche stark beeinflussen:
Letzte Aktualisierung am 12.03.2021.